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Scheinselbständigkeit: LSG Bayern zur selbständigen Tätigkeit eines landwirtschaftlichen Fahrers

Die Entscheidung:

Das Bayerische Landessozialgericht hat in diesem Urteil vom 23.11.2015, Az.: L 7 R 387/14, die selbständige Tätigkeit eines landwirtschaftlichen Fahrers bejaht, obwohl dieser ohne eigenes Kfz landwirtschaftliche Fuhren mit einem Spezial-LKW eines Fuhrunternehmens in einem Zeitraum von annähernd zwei Jahren vorgenommen hatte. Das Fuhrunternehmen betrieb mit eigenen Angestellten vor allem Kartoffeltransporte mit eigenen Lastkraftwagen. Auf den Beigeladenen wurde als Fahrer aushilfsweise bei unvorhergesehenem Ausfall eigenen Personals zurückgegriffen. Der betreffende Beigeladene betreibt eine Landwirtschaft ohne Viehhaltung und arbeitete zusätzlich für eine landwirtschaftliche Genossenschaft, deren Fahrzeuge er nutzt, im Winter als Zuckerrübenfahrer. Der von der landwirtschaftlichen Alterssicherung befreite Beigeladene unterhält ebenfalls noch ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen mit hauptsächlich vier eigenen Mähdreschern, mit denen er Dreschen auf Lohnbasis anbietet. Für die Klägerin wickelte der Beigeladene Kartoffeltransporte ohne schriftliche Vereinbarungen ab, für die er bei etwa 3-stündiger Transportfahrt pro Fuhre 50,00 oder 60,00 EUR abrechnete. Bei unüblich langen Wartezeiten oder Ausnahmsweise länger dauernden Fuhren rechnete er „Facharbeiter-Stunden“ mit 17,00 EUR zzgl. Mehrwertsteuer ab. Die beklagte Rentenversicherung hatte im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens für die Tätigkeit des Beigeladenen in der Zeit vom 01.04.2011 bis Ende 2012 eine beitragspflichtige Beschäftigung angenommen. Das Sozialgericht Regensburg hob die betreffenden Bescheide auf Veranlassung des klagenden Fuhrunternehmens wegen Rechtswidrigkeit auf, was in der vorliegend benannten Entscheidung des Landessozialgerichtes Bayern vom 23.11.2015 bestätigt wurde. Nach Auffassung des Senates war der Beigeladene im Rahmen seiner Kartoffelfuhren für die Klägerin als landwirtschaftlicher Lohnunternehmer und Selbständiger tätig, ohne dass eine abhängige und weisungsunterworfene Beschäftigung im Sinn des § 7 SGB IV bestanden hätte. Nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung überwogen hier nach Auffassung des Senates die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit. Die den Beigeladenen betreffenden Einzelaufträge der Klägerin seien mündlich besprochen und nach Durchführung schließlich vom landwirtschaftlichen Lohnunternehmen des Beigeladenen in Rechnung gestellt worden. Bei der getroffenen Entscheidung trat in den Hintergrund, dass der Beigeladene die Transportleistungen mit einem von der Klägerin gestellten Fahrzeug und nicht etwa mit einem eigenen Fahrzeug erbrachte. Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Fahrertätigkeiten komme es nicht allein darauf an, ob der Fahrer ein eigenes Fahrzeug für die Transporte einsetze. Derartige Tätigkeiten könnten auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden (so der Senat unter Hinweis auf das BSG-Urteil vom 27.11.1980 8 a RU 26/80 m. w. N.). In diesem Fall überwogen die Merkmale, welche für eine selbständige Tätigkeit sprachen. Die Annahme von Einzelaufträgen war eine wichtige Stütze für das Gewerbe des Beigeladenen, wobei insbesondere zu berücksichtigen war, dass der Beigeladene ausschließlich Fuhren im Rahmen landwirtschaftlicher Spezialtransporte angenommen hatte, diese Aufträge einen regionalen Bezug hatten und sich zeitlich in die Haupttätigkeiten des Mähdreschens und Zuckerrübenfahrens einpassen ließen. Wie in der Landwirtschaft üblich, rechnete der Beigeladene „Fuhren“ ab, unabhängig von der benötigten Zeit. Lediglich bei unvorhergesehenen länger dauernden Fuhren wurde dann – also ausnahmsweise – nach Stunden abgerechnet. Das Unternehmerrisiko des Beigeladenen bestand im Rahmen seines landwirtschaftlichen Lohnunternehmens, für das er in vier Mähdrescher investiert hatte. Das Unternehmerrisiko des Beigeladenen muss sich auch nicht zwingend aus der speziell für den Kartoffeltransport angeschafften Nutzung eigener Spezial-LKW ergeben. Die selbständige Tätigkeit könne beim Beigeladenen nicht am Merkmal eines eigenen Fahrzeugs – nämlich eines Kartoffeltransporters – festgemacht werden. Entscheidend sei hier eine Gesamtbetrachtung seiner selbständigen Tätigkeit im Rahmen des Unternehmens, in das er investiert hatte. Zweck dieses Unternehmens war die Ausführung von landwirtschaftlichen Fuhren, die Spezialkenntnisse erforderten, was der Beigeladene auch für die Klägerin bei Übernahme der Kartoffeltransporte einbrachte. Hierfür waren letztendlich die Spezialkenntnisse des Beigeladenen für Fuhren jeglicher Art im landwirtschaftlichen Bereich maßgeblich. Auch sei eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin durch Übernahme der Fuhren nicht erfolgt, ebensowenig unterlag der Beigeladene Weisungen der Klägerin. Auch für die Klägerin wurde der Beigeladene als selbständiger Subunternehmer tätig, der den jeweiligen Auftrag der Klägerin im Rahmen der Vorgaben des Auftraggebers der Klägerin selbständig erledigte. Der Beigeladene war bei Übernahme der Aufträge völlig frei und übernahm nur die für seinen Wohnort vorteilhaften Aufträge, und dies auch nur dann, wenn er Zeit hatte. Der Senat bestätigte damit die erstinstanzliche Entscheidung des Sozialgerichtes Regensburg.

Fazit: In begründeten Einzelfällen können Lkw-Fahrer also auch ohne eigenes Kraftfahrzeug als selbständig tätige Unternehmer anerkannt werden.

Andreas Klinger
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozial- und Verwaltungsrecht
Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart